Die Wunder auf dem Lindenhügel

Genossenschaftspräsidentin Sylvia Huber über kleine Feen und grosse Glücksfälle in der Lindenbühl-Geschichte

Sylvia Huber

Habt ihr gewusst, dass im Seminar- und Ferienhaus Lindenbühl, irgendwo in einer kleinen Nische, vielleicht unter der Treppe oder im Garten, gute Feen wohnen?

Ich bin jedenfalls überzeugt, dass es so sein muss. Denn immer, wenn wir vor grossen Herausforderungen standen, wie zum Beispiel der Finanzierung von Bauprojekten oder bei der Suche nach guten Pächterinnen, stand uns das Glück zur Seite.

Im Lindenbühl habe ich als Vorstandmitglied wie auch als Präsidentin gelernt, darauf zu vertrauen, dass auch das schier unmögliche Vorhaben gelingen kann.

Der Kauf des Hauses

Das erste wundersame Geschenk war, dass es der 2003 gegründeten Genossenschaft gelang, das Haus vom Arbeiterhilfswerk zu kaufen. Selbstverständlich wäre dies ohne das Engagement von Margrit Hemund, der ersten Pächterin, sowie Anka Surber und Verena Wüthrich, den ersten Co-Präsidentinnen, sowie der Begeisterungsfähigkeit von Freund:innen und Gästen des Hauses nicht möglich gewesen. Der Kauf des Hauses stand bereits zu Beginn unter einem guten Stern.

Frau Pestalozzi gibt es

Ein nächstes Wunder war eine völlig unerwartete grosse Spende einer Frau, die es uns ermöglichte, die Waschräume zu renovieren und neue Duschen einzubauen. Die zusätzlichen Kosten von rund Fr. 90'000.—überstiegen den Rahmen unserer Vorstellungen. Die Sanierung der Duschen war als Teil des Gesamtprojekts «Anbau Veranda und Erweiterung/Wiederherstellung des Saals» geplant. War das eine Freude, als wir plötzlich das gesamte Projekt finanzieren konnten.

Das Wunder auf dem stillen Örtchen

Als Margrit uns mitteilte, sie wolle nach all den vielen Jahren das Haus in neue Hände legen, war uns klar, dass vor uns eine ganz besondere Aufgabe lag. Diesen Übergabeprozess galt es gut zu gestalten. Doch wie und mit welchem Inserat konnten wir die richtige Person finden? Wir holten uns professionelle Unterstützung. Das Vorgehen wurde sauber vorbereitet und das Inserat in verschiedenen geeigneten Zeitschriften veröffentlicht. Es passiert lange nichts. Wo sollten wir noch inserieren? Das war damals die grosse Frage. Und dann kam eines Tages Yvonne mit einem kleinen Inserat an die Vorstandssitzung. Sie hatte auf dem stillen Örtchen das A-Bulletin durchgeblättert und war auf eine Anzeige von zwei Frauen gestossen, die einen Gastrobetrieb suchten.

War dies das nächste kleine Wunder? Ja, das war es. Dank diesem Zufall fanden wir Angela und Adelheid als Nachfolgerinnen für Margrit. Die Fee hat im richtigen Moment ihren Zauberstab geschüttelt.

Unglaubliches kann wahr werden

Der Küchenumbau: Dieses Unternehmen kostete uns im Vorstand mehr als ein, zwei schlaflose Nächte. Die Offerte des Küchenbauers überschritt unsere Vorstellungen. Wir gingen davon aus, dass das Projekt mit rund Fr. 250’000.– finanziert werden könnte. Die Kostenzusammenstellung, die ich dann in den Händen hielt, war ein Schock: Fr. 350’000.–. Das Problem war, dass der ganze Boden und sämtliche Leitungen erneuert werden mussten. Der Küchenumbau war teurer als der Hauskauf … Gut durchatmen war die Devise. Es hatte schliesslich noch immer eine Lösung gegeben. An einem Samstagmorgen klingelte mein Telefon. Der Küchenbauer rief mich an und sagte mir, dass er vom Haus begeistert sei. Es sei ihm auch ein Anliegen, Adelheid und Angela, die er von ihrem letzten Arbeitsort im Engadin her kannte, zu unterstützen. Sein Angebot übertraf meine kühnsten Hoffnungen: Er setzte auf eigenes Risiko die Offerte um mehrere tausend Franken herunter und wurde zudem Genossenschafter.

Vertrauen, dass es gut kommt

Die Jahre verstrichen, und auch Adelheid und Angela wollten langsam die Schlüssel vom Lindenbühl in jüngere Hände übergeben. So standen wir vor der Aufgabe, den nächsten Pächterinnenwechsel vorzubereiten. Eine Geduldsprobe par excellence. Es wollte und wollte nicht gelingen. Die wenigen Interessierten, die sich meldeten, waren für uns im Vorstand ein No-Go. Die Zeit wurde immer enger. Es musste etwas geschehen. Ich weiss noch, wie ich eines Abends in meiner Stube stand und meine grosse Bienenwachskerze anzündete. Es muss sie geben, die Feen im Lindenbühl. Ich dachte an die vielen guten Momente auf dem Lindenhügel und dass es immer eine Lösung gab. Rund zwei Wochen später hielt ich die Bewerbung von Michaela in den Händen. Ich las ihren Lebenslauf und wusste: Die Feen lassen uns auch dieses Mal nicht im Stich.

Zusammen mit meinen Vorstandskolleg:innen mussten wir dieses Mal sehr lange ausharren. Wir hatten schon Szenarien ausgedacht, was wäre, wenn wir keine geeinigte Nachfolge finden würden. Vielleicht wurden wir einfach ein bisschen auf die Probe gestellt, damit wir auch in Zukunft darauf vertrauen, dass es im richtigen Moment gut kommt.

Danke, dass die wundersame Geschichte weitergeht

An erster Stelle danke ich Margrit, die mit ihrem Schaffen die Türen für das Weiterbestehen des Lindenbühls öffnete. Ich danke Anka und Verena und meinen Vorstandskolleginnen und -kollegen, allen Genossenschafter:innen, Angela und Adelheid und Michaela, unseren Pächterinnen und all ihren Mitarbeiter:innen, ihren Familien und Freund:innen, die sie in ihrer Arbeit unterstützten, allen Gästen und Gruppen, die das Haus beleben und mithelfen, die Zukunft des Hauses zu sichern, den Nachbar:innen, den Lieferant:innen und allen Freund:innen des Hauses.

Euch allen ein herzliches Dankeschön, weil wir gemeinsam diesen wunderschönen Ort auf dem Lindenhügel erhalten können und eine wundersame Geschichte weiterlebt. Auf die nächsten 20 Jahre Genossenschaft Lindenbühl!

Und wenn ihr das nächste Mal im Lindenbühl seid und einen kleinen Schatten vorbeihuschen seht, wisst ihr: Es war eine der kleinen Feen.